Glosse
Wo mein Wille ist
@CC |
Es benötigt Intelligenz,
wenn man, wie ich, mit sinnstiftender Strategie ans Werk gehen möchte. „Der Weg
ist das Ziel“, heißt es dann und wann irgendwo, also auch auf meiner
Social-Media-Plattform. Der Weg ist das Ziel, sage ich, ausschließlich dann,
wenn er möglichst effektiv und rasch und ohne allzu viel Anstrengung zum Ziel
führt. Der Weg ist nur dann Ziel, wenn er zielführend gedacht ist. Und auch
dann ist er eben nur ein vorübergehendes Ziel, etwas Beschrittenes wohl, aber
mit jedem Schritt geradewegs wieder Verlassenes. Das Ziel fest im Auge, sollte
ein Weg, der als vorübergehend notwendig gewordenes Ziel zum Ziel führt, vor
allem als Zweck behandelt und begangen werden. „Der Zweck heiligt die Mittel“,
sagt man auch dann und wann, weniger auf meiner Social-Media-Plattform sagt man
das, denn hier zeigen sich die meisten doch von ihrer integren, moralisch
sauberen Seite, zumindest dann, wenn sie sich, wie ich, auf einen zielführenden
Weg, durchaus strategisch geplant, auf diese Plattform begeben haben. Dies ist
nicht der Jakobsweg, das sollte doch von Anfang an klar sein, das hieße doch
ein X (hihi) für ein Kreuz machen, dies ist ein werbewirksamer Weg, ein
lichtbestrahlter Weg, ein Weg im Kegel der Scheinwerfer aus Öffentlichkeit, kurz:
dies ist ein zweckdienlicher Werbe-Weg, der auf ein Produkt hinweist und dies
Produkt bin ich, kreiert von mir und das geht eben alles nur mit Takt und
Taktik und großem Ziel. „Das Ziel ist das Ziel“ und mein Ziel heißt: …
Das verrate ich jetzt nicht, das möchte ich hier nicht sagen, nicht an dieser
Stelle, denn ich muss ja so tun, als sei ich nur hier als offener, sehr
sympathischer, sowohl politisch als auch seelisch correct der Correctness
unterstellter Mensch unter ebensolchen Mitmenschen. Wir sind alle auf dem Weg,
haben uns gerne, lassen uns gegenseitig ein wenig über die Schulter schauen und
geben so – als BIG PRESENT – ganz nebenbei Einblick in das von uns Geschaffene,
das von uns als Produkt produzierte Etwas, das zum Ziel hat, am Ende dieses zweckgebundenen
Wegs so teuer als möglich (und wie gesagt, so schnell als möglich) verkauft
worden zu sein. Meine Strategie ist easy. Ich strahle einfach meinen Weg frei,
strahle ihn von innen her an, strahle zu allen Seiten mein Licht aus, stelle es
niemals „unter den Scheffel“, weise dennoch voller Bescheidenheit darauf hin,
dass ich gar nicht recht glauben mag, dass ich so strahlkräftig und großartig
sei, wie es bereits der und die und das hoch gerühmte XY über mich zu sagen
pflegte. Ich strahle bescheiden und doch strahle ich ziel- und zweckgerichtet allen
in die virtuelle Visage, die für meine Sache von Belang sind. Das heißt konkret:
ich like, like, like. Wenn ich nicht like, dann retweete, retweete, retweete
ich alle und jene, die nicht bei Drei auf den Bäumen sind und natürlich nur die, die am Ende meines einfachen, doch effektiven Wegs, zum Ziel helfen
sollen sowie können. Wenn ich nicht like oder retweete, dann kommentiere ich.
Ich kommentiere sachte, hingerissen von der Strahlkraft des Tweets eines
großen, eines wichtigen, eines zielführenden Accounts, kommentiere also meine
Verehrung und hinterlasse en passant einen klitzekleinen Link zu meinem
eigenen, hach, vielleicht ganz nebensächlich erscheinenden Produkt. Da meine ganze
Easy-Strategie nur mit Geduld und Spucke funktionieren wird, habe ich mir von
Beginn an ein sogenanntes dickes Fell angelegt, ein Fell, das all das abprallen
macht, was mich vor dem Ziel demontieren könnte. Mich irritiert nichts und
niemand, ganz gleich, ob ich auf Gegenliebe oder Ablehnung stoße, ich bleibe
dran, wie der Jäger am zu schießenden Wild. Ich like unverwüstlich meinen Weg
frei, like mich hoch, like mich hin, zu DIR und DIR und DIR, sofern Du mir zielführend
zu sein versprichst, es gibt kein Entkommen, nicht vor MIR jedenfalls, denn wo mein
Wille ist, da ist der Weg und wenn Du Dich mir in den Weg stellst, dann wird
das hier, auf dieser Plattform, ganz verteufelt unschön für Dich, das verssspreche
ich Dir, ich kann auch Schlange sein, wenn der Weg verstellt wird, zumal
mittlerweile eine Heerschar von Gelikten und Retweeteten hinter mir steht, so
eine Heerschar Gleichgesinnter und wenn Du Dich mir in diesen Weg stellen
willst, dann brauche ich nur ein winziges bisschen Gewalt, einen minimal eingesetzten
Shit-Storm, ein kleines, fast unsichtbares Intrigchen …!
So, nun kann ich wieder ungehindert weiterziehen, da ist auch schon mein Ziel
erreicht, mein Produkt, also ich und mein Produziertes, an das Ziel gebracht,
bestrahlt, beschaut, beklatscht und – verkauft. Wie fein, dass das in Social
Media so einfach ist, ganz ohne List und ohne Tücke, ganz wunderbar correct, mit
der Unterstützung ganz wunderbar correcter Menschen zu machen war, das machbare
Ziel auf dem gemachten Weg in dieser strahlenden Social-Media-Welt! XOXO!
@CC |
Gute Analyse, - für mich mit ein Grund, ab und an auf verschiedenend Kanälen vorbeizuschauen, ändert sich was? Nicht betreffend der Inhalte, sonder wie ändert sich die Algorithmus?
AntwortenLöschenVerbringe viel Zeit in Zügen, habe den Alterungsprozess vor Augen, das Zeitgefühl wird umgewuchtet und die Meinungen der anderen, sie verwirbeln sich wie Sahara Sand.
Gutes Gelingen für das Buch.
Sorry, die Kommentare werden nicht an mich weitergeleitet, also erst eben gesehen. Ja, so ist es, ich schaue auch auf Veränderungen und empfinde Twitter in Sachen Selbstdarstellung absolut unschlagbar, nach wie vor ... mich verbindet eine echte Hassliebe damit!
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